Krankheitsprophylaxe bei Hämophilie vs. von-Willebrand-Erkrankung
Im Gegensatz zu Patienten mit einer schweren Hämophilie, die früh und über einen langen Zeitraum eine prophylaktische medizinische Versorgung erhalten, werden Patienten mit der von-Willebrand-Erkrankung (VWE) eher situativ in Form einer Kurzzeitprophylaxe behandelt. W. Miesbach und E. Berntorp haben die prophylaktischen Versorgungskonzepte bei diesen beiden Krankheitsbildern verglichen und Empfehlungen abgeleitet.
Die Analyse basierte auf den Ergebnissen einer nicht systematischen Literaturrecherche innerhalb von PubMed sowie einer Referenzliste von Artikeln.
Ergebnisse
Die geschätzte Prävalenz der VWE liegt weltweit bei 1%, wobei lediglich 0,1% Symptome aufweisen. Bei 0,01% der Population liegt eine bestätigte Diagnose vor. Rund 45% aller Patienten mit einer schweren Hämophilie A erhalten eine prophylaktische Behandlung, bei Patienten mit einer schwer ausgeprägten VWE trifft dies lediglich auf 10% zu. Im Fall von Patienten mit einer weniger schweren VWE, muss jeweils die Frage gestellt werden, ob hier eine medizinische Unterversorgung vorliegt. Für Hämophilie-Patienten stehen seit vielen Jahren Faktor-Substitutionsprodukte zur Verfügung, und die Entwicklung von langfristig wirksamen Produkten hat die Behandlung der Erkrankung vereinfacht. Die Initiation der Prophylaxe ist klar definiert. Diese wird Patienten mit Hämophilie bereits in jungen Jahren empfohlen, und zwar vor Beginn von Gelenkerkrankungen. Allerdings nimmt die Beibehaltung einer solchen Prophylaxe mit zunehmendem Alter ab. Im Fall der VWE variieren die Behandlungsstrategien nach Art und Schwere der Erkrankung. Bei Bedarf wird der Einsatz von Desmopressin empfohlen. Patienten mit einer Vorgeschichte von schweren Blutungsereignissen sollten zeitweise prophylaktisch von-Willebrand-Faktor-(VWF-)Konzentrate sowie FVIII-Konzentrate erhalten. Jenseits der chirurgischen Praxis existieren aktuell keine klaren Empfehlungen zu einer Prophylaxe bei Patienten mit einer VWE. Hier könnte die erfolgreiche Hämophilieprophylaxe als Vorlage dienen, insbesondere bei schweren Formen der VWE. Auf dieser Weise könnten möglicherweise spontane und gelegentlich lebensbedrohliche Blutungen verhindert und chronische Gelenkerkrankungen reduziert werden. Im Gegensatz zur Hämophilie besteht innerhalb der Forschung zu schweren Verlaufsformen der VWE ein signifikanter Mangel an Studien, die sich mit pharmakokinetischen und pharmakoökonomischen Aspekten beschäftigen. Auch Daten zur Effektivität von „On-Demand“-Regimes vs. prophylaktischen Langzeitregimes sind nur begrenzt verfügbar.
Fazit:
Laut den Autoren sollten Leitlinien zur VWE überarbeitet und an den aktuellen Wissensstand angepasst werden, um betroffenen Patienten eine umfassende Versorgung zu ermöglichen. Sie verweisen in diesem Zusammenhang auf neuartige, erfolgversprechende Behandlungsansätze wie die Gentherapie. Auch könnte versucht werden, Erfahrungen aus der Hämophilieprophylaxe auf Patienten mit VWE zu übertragen.
Quelle:
Autor Studienreferat: Dr. Frank Lichert, Weilburg